Beim Espresso bestellen überkommt mich manchmal ein mulmiges Gefühl. Da meine ich dann, vom Gesicht des Anderen abzulesen, dass ich nur einen kleinen Kaffee will. Ein echtes Negativ-Highlight war ein zweiter Aufguss bei einer italienischen Espressobar an einer deutschen Autobahn.
Aber selbst beim Besuch von Röstereien ist man vor Unglück nicht gefeit. Manche arbeiten mit ganz neuen Kräften, die noch nicht ordentlich eingearbeitet sind. Das äußert sich in einer ordentlichen Wuselei, wenn zu den sechs Gästen im Raum weitere drei sich an der Bar anstellen. Dann bricht der Betrieb zusammen. Allerdings: Manche führen ihren Betrieb auch so gut, dass jeder Espresso oder Cappuccino immer akkurat serviert wird.
Pech in Speyer

Pech habe ich wahrscheinlich auch beim Kaffeeröster Schramm in Speyer gehabt. Nach dem Besuch des Doms ging es schnurstracks durch die Altstadt zum Schramm. Dort wurde der Santo Cielo ausgeschenkt, der in Schramms Shop als vollmundiger, mittelkräftiger Espresso beschrieben wird. Noch dazu mit „sehr guter Crema“. Umso größer war die Enttäuschung, als ein dunkles belangloses Getränk gebracht wurde.

Trotzdem habe ich die Dame gefragt, welchen Espresso sie mir zum Mitnehmen empfehlen würde. Und siehe da, es war der Santo Cielo. Da habe ich abgewunken: „Den hatte ich gerade, der war nicht so toll.“ Da entgegnet sie mir, dass habe sie schon selbst gemerkt, als der Espresso viel zu schnell durchgelaufen ist (!!!). Sie hat mir dann noch mal einen neuen gemacht, der tatsächlich in Ordnung war.

Sind Espressotrinker blöd?
Was bleibt ist über Schramm hinaus die Frage: Sind Espressotrinker blöd? Es kommt immer wieder vor, dass ich einen zweiten Espresso bestelle, wenn man in der Tasse Potenzial entdeckt. Dann frage ich nach einer Variante „mit Liebe gemacht und mehr Crema“, die es dann oftmals auch gibt. Das heißt unterm Strich: Es mangelt nicht immer am Können, sondern an der Lust, einen ordentlichen Espresso zuzubereiten. Das allerdings ist ein beklagenswertes Manko.
Ich habe mir trotzdem ein paar Päckchen von Schramms Espresso mitgenommen, um ihn zu Haus zu probieren. Der Santo Cielo ist mit einer doppelten 4 für Geschmack und Crema ziemlich gut aus meiner Maschine gekommen. Noch besser war der Bio-Espresso Regenwald. Der kam satt und dunkel-cremamäßig in die Tasse und punktet zweimal mit 5 Punkten in meinem Ranking. Schramm beschreibt den Regenwald Espresso als „unglaubliche Fülle würziger, unvergleichlicher `wilder´ Aromen“. Laut Beschreibung stammt der weltweit einzige Wildkaffee aus den letzten Bergregenwäldern der uralten Region Kaffa im Ursprungsland des Kaffees Äthiopien.

