Ein Glücksfall sind die beiden Sorten Regal und Superbar von Mokarabia, die italienische Gefühle wecken. Die Bohnen habe ich im Nürnberger Kaffino Kaffee & Maschinen gekauft. Die haben zwar Izzo im Ausschank, aber ein ganz stattliches Sortiment an Espressobohnen. Superbar sind in einem magentafarbenen Alu-Beutel verpackt, eine befremdliche Farbe, die an die Telekom oder die neue FDP erinnert.
Trotzdem kommt ein tolles Ergebnis aus der Maschine: Es rinnt dunkelbraun und volumig aus dem Siebträger, die Crema bleibt dicht und dunkel in der Tasse. Die Superbar-Mischung schmeckt so, wie man es sich typisch italienisch vorstellt. Dunkel geröstet, aber nicht verbrannt, etwas streng, schlank auf der Zunge – ein Espresso, an dem man nicht mäkeln kann. Deshalb gibt es auf meiner 5er-Skala für Geschmack und Crema volle Punkte.
Mokarabia-Espresso Superbar
Regal (knapp 19 Euro) hatte ich vorher in der Mühle mit ebenfalls voller Punktzahl. Mir hat diese Mischung allerdings ein Tick besser geschmeckt. Ebenfalls dunkel geröstet, aber nicht ganz so streng wie die Superbar. Dafür habe ich mehr Komplexität auf der Zunge gespürt, etwas Nussiges, einen Hauch Süße, dafür kann man getrost noch ein kleines Sternchen vergeben.
Mokarabia-Espresso-Blend Regal
Rösterei Mokarabia
Die 1951 in Mailand gegründete Rösterei steuert heute ihre weltweiten Geschäfte aus Bologna. 2000 wurden Caffè Roversi 1882 aus Bologna und Caffè Ruffo aus Padua ins Unternehmen integriert, ein paar Jahre später kam noch Caffè Arabes hinzu. Zuletzt wurden gut 7.000 Tonnen Kaffeebohnen geröstet und verkauft. Zu lesen ist, dass Mokarabia auch selbst seine Bohnen rund um die Welt anbaut. Teil der Expansionsstrategie sind eigene Coffeeshops, seit Frühjahr 2017 prangt das Logo mit dem servierenden Kellner – man denkt an die früheren Word-Männchen, obwohl das Logo viel älter ist, an vier Coffeeshops in Katars Hauptstadt Doha.
Mokarabia Echt-Bild
2017 Kaffino, Nürnberg
2008, Caffè Arabes im kroatischen Funtano
2008, Mokarabia im kroatischen Novigrad
2010, Mokarabia im Cafe Porat im kleinen kroatischen Dörfchen Nin.
Das heutige polnische Wroclaw, das einstige Breslau oder Wratislavia, ist für den Espresso-Freund allemal eine Reise wert. Das gilt auch für diejenigen, die die Festivitäten zum 1000 jährigen Stadtjubiläum verbunden mit dem Titel Europäische Kulturhauptstadt 2017 – vielleicht sogar bewusst – vermieden haben. Das touristische Programm kann man gut entlang der von Zeit Online beschriebenen Route abdecken.
Frühstück ohne Espresso
Ehrlicherweise ist einzuräumen, dass beim Breslau-Kurztrip die Mensa im Schatten der alten Jesuitenschule und Leopoldina Uni das interessanteste Frühstück bietet – sieben Tage die Woche, immer früh auf mit studentischen Preisen für jedermann. Doch der dort angebotene Espresso ist so schlecht, dass man ihn mit einem Warnhinweis versehen sollte. Kaffee in kleiner Tasse dürfte die beste Beschreibung sein.
Also lieber zu Fuß quer durch die Innenstadt zum Cafe Bike, das leider bei Tripadvisor nicht so gut abschneidet. Geht es allerdings nur um den Espresso vergebe ich für Geschmack und Crema 4 und 4 (von 5) Punkten. Man sitzt eng, die Bedienung war freundlich und das nächste Mal werde ich dort auch ein Frühstück probieren.
Cafe Bike – hier auf alle Fälle vorbeischauen – die Lampe aus Espressotasse ist durchaus originell
Cafe Bike ist ein Muss
Das Cafe Bike liegt übrigens am Anfang der Świętego Antoniego, dem Beginn des Vier-Kirchen-Viertels. Von hier aus kann man über eine kleine Gasse auch direkt zur Synagoge zum Weißen Storch laufen, die als Gebäude den Nazi-Terror überstanden hat. Läuft man die Świętego Antoniego weiter entlang, folgt gleich das Central Cafe. Der Espresso bekommt hier 3 und 3, also solides Handwerk. Allerdings sind die dazu gereichten salzigen und süßen Snacks, Bagels und Quiche, inklusive einem frischen Himbeertee mit Minze auch ein guter Grund zum Besuch. Noch ein paar Meter weiter auf der anderen Straßenseite hat gerade die Espresso-Bar eröffnet. Das ist alles noch ganz neu und nicht eingespielt, die dreiarmige Handhebelmaschine ist jedoch ein echter Hingucker.
Central CafeEspresso-Bar, ebenso wie das Bike und Central am „Eingang“ zum Toleranzviertel oder dem „Stadtteil der vier Konfessionen“
Röster in Breslau
Die Rösterei Cafe Borowka mit seinem Label Blueberry Roasters lässt einen äthiopischen Arabica aus der Maschine, geschmacklich ein 4 mit etwas schwächerer Crema. Allerdings sieht man anders als bei den meisten deutschen Röstern keine Spur von Rösttrommel oder dem ganzen handwerklichen Flair. Ungewohnt ist auch, dass hier wie in allen anderen Cafes – außer dem Bike – an der Theke bestellt und bezahlt wird. Man fühlt sich immer ein bisschen wie in einer Fastfood-Stube. Egal, ob man vor dem Cafe hockt, im ersten Stock ein Plätzchen ergattern kann oder bei Sonne auf dem Dach auf die alte Oper oder den alten Jugendstil-Einkaufspalast in der Abendsonne schaut – es sitzt sich ausgezeichnet.
Rösterei Cafe Borowka mit seinem Label Blueberry RoastersDas Innenleben des Rösterei Cafe BorowkaDas Cafe Borowka ist Mitglied im SCAE (Speciality Coffee Association of Europe)
Im Gniazdo – auch da wurde serviert – war der ausgeschenkte Espresso akzeptabel mit schwacher Crema. Dass er doch besser schmeckte als er aussah, spricht wohl für eine lieblose Zubereitung, zu grob gemahlen oder Maschine mit schlappen Druck. Das Cafe Rozrusznik liegt ein paar Minuten von der Dominsel im Norden der Altstadt. Auch hier keine Spur von einem Röstbetrieb, dafür ein ziemlich guter Espresso.
Das Rösterei-Cafe GniazdoCafe Rozrusznik
Ziemlich abgedreht schaut es in der Galerie und Cafe Kalaczakra aus. Man fühlt sich in diesem Ambiente aus Flowerpower und esoterischem Tibetzeugs in eine andere Welt versetzt. Der erste Espresso hat allerdings mein Espresso- Chakra zum Leben erweckt: Dunkel, ordentliche Crema und stark geröstete Bohnen mit Geschmack, dafür hat sich der Besuch gelohnt. Leider hat der zweite Espresso ausgeschaut wie in der Mensa, der wurde gar nicht angerührt.
Erwähnenswert ist das Jugendstilgebäude, in dem sich rechts das Kalaczakra befindet. Nebendran ist das Cafe Kalambureau oder Kalambur, eigentlich eher ein Klub, das einst aus der Theaterszene gegründet wurde. Ob die vom Kalaczakra mitbedient werden, war nicht zu erkennen. Immerhin kann man dort abends im Nebel der Zigarettenraucher von früheren Zeiten träumen. Ein paar Schritte weiter findet man noch das FC Caffe – auch da braucht man nicht hin.
Galerie und Cafe KalaczakraNur mit Glück wird hier das Espresso- Chakra gewecktNebendran ist das Cafe Kalambureau oder Kalambur
Breslau im Echtbild
Für Tassen-Sammler ist Breslau ein kleines El Dorado.
Das Blueberry-Röster-Logo auf der Espresso-Tasse; 2017Espresso auf dem Dach vom Cafe Borowka, 2017Auch im Espressotassen-Sortiment vom Cafe Borowka, 2017Nicht besonders originell im Gniazdo; 2017Galerie und Cafe Kalaczakra schenkt in Musetti aus. 2017Caffe Mauro-Tasse im Cafe Bike im Toleranzviertel; 2017Glasklar im Central Cafe, 2017FC Caffe ohne Kommentar, 2017