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Espresso

Hamburger Becking-Espresso mit Crema

Hamburg und Espresso-Bohnen von Becking-Kaffee waren für mich bislang wie Espressolust und eine amerikanische Kaffeekette – ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass es irgendwie eine Verbindung gibt; sprich: einen guten Grund, dort mal vorbeizuschauen. Das mag auch daran liegen, dass die Hamburger Kaffeerösterei in ihrem exponierten Backsteinbau in der Speicherstadt einfach immer auf dem Weg des Besuchers der Hansestadt liegt. Becking hatte ich gar nicht auf dem Radar. Dazu kommt: Ich habe mal von einer Espressoverkostung bei Becking ein Foto gesehen und angesichts der cremalosen Tassen abgewunken – eine persönliche Marotte.

Nun habe ich drei Varianten der Rösterei probiert, den Espresso Vellutato No. 6, den Espresso Temperamento und Monsooned Espresso – allesamt als „100% Arabica“ klassifiziert. Als erstes hatte ich den Vellutato, italienisch für „samtartig“, in der Tasse. Für eine kräftig-dunkle Crema musste ich gar nicht viel an der Mühle herumspielen, um auf meiner Crema-Skala 4 von 5 Punkte zu vergeben. Auch die kakaoartige Note im Geschmack hat 4 Punkte verdient. Der Temperamento hatte dagegen weniger Temperament, für die Crema gebe ich 3 Punkte, für die „Komposition aus den … Anbaugebieten Mittel- und Südamerikas“ auch nur 3. Viele probierte Amerikaner, als Mischung oder Plantagenkaffee, haben mich bislang nicht überzeugt. Dafür fand ich den Monsooned Espresso richtig kultig, 4 Punkte für die haselnussbraune Crema, 5 Punkte für den karamellig-aromatischen Geschmack.

Start frei zur Geschmacksprobe aus dem Hause Becking
Start frei zur Geschmacksprobe aus dem Hause Becking

 

Für mich der Knüller aus der Rösttrommel von Becking: der Monsooned Espresso
Für mich der Knüller aus der Rösttrommel von Becking: der Monsooned Espresso

 

Ordentlich, aber der Schwächste von den drei Päckchen - der Temperamento.
Ordentlich, aber der Schwächste von den drei Päckchen – der Temperamento.

Monsooned Espresso

Becking bezeichnet auf seiner Homepage den Monsooned Espresso als „echte Rarität“. Bei dem Monsooning-Prozess wird der Rohkaffee während des Monsuns Wind und Regen ausgesetzt, der dadurch stark aufquillt. Diese Feuchtigkeit, die bis zu 20 Prozent erreichen kann und die Kaffeekirsche von strohbraun bis ins gelbe verfärbt, sorgt für einen besonderen Geschmack. Für dieses spezielle Monsooned-Verfahren werden sieben bis zehn Wochen benötigt.

Das Verfahren ist eigentlich ein Zufallsprodukt. Früher war der Kaffee aus Indien auf dem wochenlangen Transport per Segelschiff quasi zwangsläufig den Witterungseinflüssen ausgesetzt. Davon kann in der modernen Logistikkette keine Rede mehr sein. Um den Monsooned-Geschmack zu kultivieren, setzen indische Bauern dieses Verfahren gezielt ein. Typischerweise kommt dieser Kaffee aus der Region Malabar von der südlichen Westküste Indiens, und wird etwa auch von den Röstern Coffeepolitan als Monsooned-Malabar oder bei der Schweizer Spezialitätenrösterei derkaffee als Monsooned Malabar Indien angeboten.

Und auch das noch zu Becking

Becking verarbeitet seit 1928 Kaffeebohnen und dürfte damit zu den alten Hasen der Röstermanufakturen gehören. Mein Monsooned-Favorit wird alt-italienisch bei fast 32 Minuten und knapp 205 Grad geröstet. Der Kilo-Preis von gut 30 Euro liegt für mein Budget allerdings schon an der obersten Kante. Rösterei und Laden finden sich in Hamburg Bahrenfeld, haben allerdings nur von Montag bis Freitag geöffnet. Kommt in jedem Fall auf meine Besuchsliste.

P.S. eine kleine Nörgelei:

Vertrieb von guten Produkten ist eine ehrenhafte Sache, aber Becking hat das in guter hanseatischer Kaufmannstradition vielleicht etwas übertrieben. Laden, Shop, aktuell allein 117 Edeka-Läden usw. – das ist alles in Ordnung. Skeptisch bin ich bei der Online-Krake Amazon, weniger wegen der Händlerkonditionen als vielmehr wegen der Online-Macht bei gleichzeitiger Steuerminimierung (was ziemlich untertrieben ist). Die Übermacht im Online-Handel verdrängt allerdings die anderen kleinen Internetanbieter und reduziert so Vielfalt. Vielfalt allerdings ist – beim Espresso aber auch sonst – ein Wert an sich.

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Cafes Tassen

Cafe Espressee in Hermannstadt kultiviert Pascucci

Im Prinzip hätte ich fast alles getrunken; dass ich im rumänischen Hermannstadt allerdings ein Hotelzimmer direkt neben dem Cafe Espressee hatte, war ein ausgesprochener Glücksfall. Denn nach fast einer Woche mit einem Esel durch die rumänischen Karpaten – in dieser Zeit gab es nur Wasser oder Tee – war die Espresso-Lust groß. Hinzu kam ein lauer Sommerabend, an dem ein perfekter Espresso mit Crema satt serviert wurde. Ich hatte vorher den Barista vom Espressee gebeten, mich mit ordentlicher Crema zu versorgen. Das sei bei ihnen Standard, wurde mir entgegnet.

Hier wird im Cafe Espressee Espresso zelebriert
Hier wird im Cafe Espressee Espresso zelebriert

 

Gastraum des Cafe Espressee
Gastraum des Cafe Espressee

 

Eingang zum Cafe Espressee
Eingang zum Cafe Espressee

Welche Bohnen aus dem Hause Pascucci zum Einsatz kamen, konnte ich allerdings nicht erfahren. Allerdings war das Ergebnis deutlich besser, als ich es etwa aus dem Cafe Pascucci in Leipzig kenne. Im rumänischen Espressee scheint man sich aber ausgiebig mit den Möglichkeiten zu beschäftigen, Espresso geschmacklich auszureizen. Dafür steht der hauseigene Training-Room, in dem Kurse angeboten werden. Auch die Kaffeekarte bietet mehr, als nur die Klassiker Espresso, Cappuccino oder Latte Macchiato.

Mal richtig wohltuend: Keine bloßen Sprüche, sondern Selbstverpflichtung.
Mal richtig wohltuend: Keine bloßen Sprüche, sondern Selbstverpflichtung.

 

Pascucci im Echtbetrieb

Caffe Pascucci, Leipzig (2010)
Caffe Pascucci, Leipzig (2010)

 

(möglicherweise Berlin, 2011)
(möglicherweise Berlin, 2011)

 

Pascucci Leipzig, 2014
Pascucci Leipzig, 2014

 

Caffe Pascucci, Leipzig, 2016
Caffe Pascucci, Leipzig, 2016

 

Cafe Espressee im rumänischen Hermannstadt (2016)
Cafe Espressee im rumänischen Hermannstadt (2016)
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Cafes Espresso

Lavazza im Cafe Cavallo in der Wiener Neustadt

Auf Anhieb fallen mir nur drei gute Gründe ein, nach Niederösterreich in die Wiener Neustadt zu fahren: Erstens der im Kern spätromanische Dom, zweitens der Weg zu den Weißen Eseln im nahen Nationalpark-Neusiedlersee-Seewinkel und drittens das Cafe Cavallo. Es findet sich – ohne eigene Homepage in der Cafeliste, die die Stadt für Besucher zusammengestellt hat.

Vier Kilometer Spaziergang ohne Espresso führen zu den Weißen Eseln.
Vier Kilometer Spaziergang ohne Espresso führen zu den Weißen Eseln.
Die - optisch - außergewöhnlichsten Esel
Die – optisch – außergewöhnlichsten Esel

Das Cavallo war eine Zufallswahl, eher obwohl Lavazza ausgeschenkt wurde. Bei den großen Caferöstern, wie eben Lavazza, Illy oder Segafredo, bin ich bereits häufig enttäuscht worden. Letzter Tiefpunkt im markeneigenen Shop von einem der drei: Für einen weiteren Espresso wurde einfach das Kaffeemehl ein zweites Mal genutzt.

Der Lavazza im Cavallo war allerdings außerordentlich, mit tiefbrauner Crema und einem ausgewogenen Geschmack, dass es einfach eine Freude war. Wer sich also tatsächlich mal in diese Gegend verirrt, sollte ihn dort unbedingt probieren.

Die Cafe Bar Cavallo in der Wiener Neustadt
Die Cafe Bar Cavallo in der Wiener Neustadt

 

Ein Lavazza in der Tasse, der empfehlenswert ist (2016)
Ein Lavazza in der Tasse, der empfehlenswert ist (2016)
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Cafes Espresso

Cafe Meier im österreichischen Linz

Hier sollte man auf alle Fälle einkehren: Das Cafe Meier am Linzer Pfarrplatz ist ein Pflichtbesuch für den Cafe-Freund. Selbst wenn bei schönem Wetter die Außenbestuhlung besetzt ist, auch im Inneren des Cafes lässt es sich außergewöhnlich angenehm sitzen. Da das Rauchverbot im Sommer 2016 noch nicht vollzogen ist, kann im oberen Raum zum Espresso noch geraucht werden. Das zählt ja mittlerweile europaweit zu eher seltenen Erlebnissen.

Espresso und Zigarette im Cafe Meier, Linz (2016)
Espresso und Zigarette im Cafe Meier, Linz (2016)

Etwas bescheiden wird mit einer kleinen Info – nicht in der Karte – sondern auf dem Kartenständer auf die hauseigene Rösterei hingewiesen. Sortenreine Arabica-Bohnen u.a. aus Indien, Mexiko oder Äthiopien. Die drei Espressi, die ich dort probiert habe bekommen geschmacklich die Topnote 5 (Indien), Honduras 4 und 3 für den Mexico-Chiapas. Für die Crema erhalten alle die schwer enttäuschende Note 1, also Crema nahezu nicht in der Tasse zu entdecken.

Der Raucherbereich des Cafe Meier, Linz
Der Raucherbereich des Cafe Meier, Linz
Im oberen Gastraum im Cafe Meier kann noch geraucht werden.
Im oberen Gastraum im Cafe Meier kann noch geraucht werden.

 

Der untere Gastraum mit Theke.
Der untere Gastraum mit Theke.

 

Blick auf das Cafe Meier mit Rösterei auf dem Linzer Pfarrplatz
Blick auf das Cafe Meier mit Rösterei auf dem Linzer Pfarrplatz

Leider, denn sicherheitshalber habe ich mir die indische Röstung zum Testen daheim mitgenommen. Und erwartungsgemäß kommt neben einem ausgezeichneten Geschmack auch einer Top-Crema aus der Maschine. Das Drama vor Ort am Linzer Pfarrplatz: Die Mühle ist wohl zu grob eingestellt. Schade, dass im Ladenverkauf nur 250 Gramm-Päckchen (India: 6,40 Euro) zu bekommen sind. Im Internet gibt’s auch ein Bohnenkilo für 25 Euro. Gefühlt, die obere Preisgrenze, aber durchaus gerechtfertigt.

 

Egal: Linz ist immer wieder einen Besuch wert, Altstadt, das Kunstmuseum Lentos oder das international renommierte Multimediamuseum Ars Electroniva  (AEC) sind gute Gründe für ein anregendes Wochenende. Zumal die alte Stahlstadt an vielen Ecken und Enden, etwa auch mit der Revitalisierung der alten Tabakfabrik zu einer Brutstätte für Kultur- und Kreativwirtschaft, engagiert den Wandel der Landeshauptstadt Oberösterreichs vorantreibt und bereits als UNESCO City of Media geadelt wurde.

Und auch das Cafe Meier ist ein lohnenswertes Ziel. Vielleicht wird ja bereits an der Theke die Espressomühle besser eingestellt.