Wer spitz auf Lakritz ist, verrät einiges über seine Herkunft. Während Lakritz-Schnecken und Stafetten von Haribo ein gesamtdeutsches Phänomen sind, haben die Fans von Lakritz-Varianten bis hin zu Salmiak-Geschmacksrichtungen eigentlich immer eine norddeutsche Verbindung. Also entweder aufgewachsen im hohen Norden, mindestens in Niedersachen oder eine enge Verwandtschaftsbeziehung mit geschmacklicher Sozialisation nördlich der Weißwurstgrenze. Eine Verbindung zum Espresso konnte ich mir bis vor kurzem nicht vorstellen, bis ich „Lakritz-Kaffee“ aus dem Hause Friedrichstädter Kaffee-Kontor bekommen habe.

„Hochland-Kaffee mit Lakritz-Geschmack“ lautet die Beschreibung; tatsächlich, schon aus den gemahlenen Bohnen entströmt für den Lakritzfreund ein angenehmer Salmiakgeruch. In der Espressotasse bleibt der Duft erhalten, beim Trinken ist es ebenso. Flüssige Salmiak-Lakritz, kräftiger als bei Ouzo- oder Pernod-Varianten, fast schon so wie das „Swatte Swien“, ein friesischer Lakritz-Wodka, der zwar in der Flasche wie Altöl ausschaut, aber eisgekühlt ein Genuss ist. Geschmacksvarianten werden in Friedrichstadt nach dem Rösten durch natürliche Aromen erreicht.
Das Manko: Wer sich auf Espresso freut und dann Lakritz bekommt, schaut eher mit dem Ofenrohr ins Gebirge. Da ich nur eine Mühle habe, gab es kein Entkommen – die Espressolust bliebt auf der Strecke. Und es gab noch deutliche Nachwirkungen. Selbst als die Bohnen durch waren und wieder normaler Espresso in der Mühle war, bliebt der Duft in Mühle, Siebträger und letztlich auch noch in der Tasse lange erhalten.
Lieber spitz auf Tüten-Lakritz als Lakritz-Kaffee
Mein Fazit: Lakritz-Kaffee ist durchaus kultig, aber nicht für den Eigengebrauch in einer kleinen Espressoausrüstung daheim. Denn die Dominanz der Aromen wird man am Ende nicht so schnell los, wie man es sich in mancher Situation wünscht. Entsprechend werde ich mich lieber mit vielen Lakritz-Varianten eindecken und wenn es mich überkommt, vor, zum oder nach dem Espresso in die Naschtüte greifen. Aromatisierter Kaffee ist zwar durchaus mal interessant, aber letztlich keine Genussoption. Deshalb haben die Kaffeeketten mich auch nie besonders gereizt, nun weiß ich nach dem Lakritz-Kaffee auch sicher, warum nicht.
Das Friedrichstädter Kaffee-Kontor habe ich vor Jahren mal besucht. Es ist erstaunlich, wie viel Gerätschaften und Zubehörartikel in dem kleinen Laden Platz gefunden haben. Direkt am Marktplatz gelegen, lohnt sich ein kurzer, neugieriger Besuch.